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Preisträger Kapp-Forschungspreis 2016


München, 15. Oktober 2016 – Der Kapp-Forschungspreis für Ökologische Ökonomie ist am 14. Oktober 2016 auf dem Umweltcampus Birkenfeld der Hochschule Trier vergeben worden. Die Preisverleihung fand im Rahmen der Jahrestagung der Vereinigung für Ökologische Ökonomie (VÖÖ) statt. Der mit 5.000 Euro dotierte Forschungspreis dient der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung. Von den aus dem In- und Ausland eingereichten Studien wurden drei für einen Preis ausgewählt.

 

Der Soziologe Johannes Buhl erhielt 2.000 Euro für seine an der Universität Bamberg geschriebene Dissertation zum Thema „Rebound-Effekte im Steigerungsspiel – Zeit- und Einkommenseffekte in Deutschland“. Die Studie zielt auf ein vertieftes Verständnis von Zeit-Rebound-Effekten im Kontext soziologischer Theorien der Steigerung und Beschleunigung. Im Zentrum seiner empirischen Arbeiten steht die Überprüfung einer dreifachen Dividende von Arbeitszeitverkürzungen. Inwieweit werden dadurch Ressourcen geschont und nehmen soziales Engagement und individuelle Lebenszufriedenheit zu? Mit welchen Rebound-Effekten ist zu rechnen, wenn Menschen Freizeit gewinnen, aber Einkommen verlieren? Johannes Buhl kommt zu dem Ergebnis, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit trotz Zeit-Rebound-Effekte in der Summe eine ökologisch vorteilhafte Verschiebung der Konsumausgaben und Zeitverwendung zur Folge hat. Davon abgesehen äußern sich Zeit-Rebound-Effekte in sozialem Engagement und individueller Zufriedenheit – erwünschte Wirkungen von Rebound-Effekten.

 

Aus Sicht der Jury ist die Arbeit von Johannes Buhl nicht nur wegen ihres hohen wissenschaftlichen Niveaus und der brillanten Methodik herausragend. Sie vertieft überdies ein Themenfeld, das innerhalb der Nachhaltigkeitsforschung und
-praxis bislang weitgehend unbeleuchtet blieb. Rebound-Effekte erweisen sich zusehends als die Achillesferse einer an Nachhaltigkeit orientierten Transformation. Johannes Buhl gelingt es, ein breites Spektrum unterschiedlicher Rebound-Wirkungen zu bearbeiten. Daraus ergeben sich erhebliche Konsequenzen für ein zielführendes Nachhaltigkeitsmanagement.

 

Der Volkswirt Christian Arndt erhielt ein Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro für seine an der Universität Leipzig verfasste Masterarbeit „Elemente einer heterodoxen Wachstumskritik – Die marxistische Perspektive auf die sozial-ökologische Krise“. Die Arbeit unternimmt den Versuch, Wachstumskritik und marxistische Theorie miteinander in Einklang zu bringen. Das übergeordnete Ziele ist es zu zeigen, dass auch die marxistische Theorie in ihrem Kern wachstumskritisch ist, dass diese damit einzelne Positionen im Degrowth-Diskurs theoretisch weiter fundieren kann und Marx’ Idee des Kommunismus mit einer gemeingüterbasierten Konzeption der Postwachstumsökonomie vereinbar ist. Damit macht die Arbeit von Christian Arndt den Ideen- und Erkenntnisreichtum marxistischer Theorie für den zeitgenössischen wachstumskritischen Diskurs fruchtbar.

 

Die Jury war zum einen sehr beeindruckt von der gründlichen theoretischen Rekonstruktion der Marx’schen Theorie entlang des Originalwerks im gleichzeitigen Bezug auf die Postwachstumsdebatte. Zum anderen war sie hoch erfreut darüber, dass und wie Christian Arndt der Kategorie der Reproduktivität einen zentralen Stellenwert in dieser Debatte gibt und damit das Augenmerk auf den Erhalt der sozialen und ökologischen Grundlagen richtet.

 

Der Politikwissenschaftler und Ökonom Lorenz Stör erhielt ein Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro für seine an der Wirtschaftsuniversität Wien geschriebene Masterarbeit „Conceptualizing power in the context of climate change – A multi-theoretical perspective on structure, agency and power relations“. Die Studie bearbeitet ein Desiderat ökonomischer Forschung, in der Fragen von Macht und Herrschaft bislang kaum behandelt werden. Dies gilt selbst für den Bereich der ökologischen Ökonomie und ihrer wachstumskritischen Auseinandersetzungen mit dem herrschenden Wirtschaftssystem. Die Arbeit zeigt diese Defizite auf und bieten einen umfassenden Theorieüberblick, um diesen anschließend anhand der politik-ökonomischen Facetten des Klimawandels zu kontextualisieren.

 

Die Arbeit von Lorenz Stör leistet einen Beitrag zur Sensibilisierung für die Bedeutung von Macht- und Herrschaftsfragen im Kontext der ökologischen Ökonomie und der Wachstumskritik. Lorenz Stör beeindruckte die Jury mit einer inhaltlich dichten und zugleich sehr elegant geschriebenen Arbeit. Die Ergebnisse seien für die Untersuchung von Macht- und Herrschaftsfragen beim Übergang zu einer Postwachstumsökonomie von großem Nutzen, so die Jury in ihrer Begründung.

 

Der Kapp-Forschungspreis für Ökologische Ökonomie wird im zweijährigen Turnus gemeinsam von der VÖÖ, der Kapp-Stiftung, der Hatzfeldt-Stiftung, der Selbach-Umwelt-Stiftung sowie der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis vergeben. Der Name des Preises erinnert an den bedeutenden Ökonomen Karl William Kapp (1910-1976), der bereits Anfang der 1950er-Jahre als einer der ersten Ökonomen die sozialen und ökologischen externen Kosten der Marktwirtschaft aufgezeigt und analysiert hat. Die Jury des Preises ist interdisziplinär besetzt und besteht aus Wissenschaftler/-innen der Ökonomie, Soziologie, Wissenschaftstheorie sowie der Natur- und Kulturwissenschaften.

 

Summary Buhl

Summary Arndt

Summary Stör

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